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Ironman Südafrika – beim ersten Mal tuts weh!

Apr
11
2014
Ironman Südafrika – beim ersten Mal tuts weh!

Der Ironman Südafrika war für Till Schenk die Langdistanzpremiere. Wie er diese erlebt hat berichtet er in den kommenden Zeilen.

Ironman Südafrika – beim ersten Mal tuts weh! Was hat man nicht alles für Ideen vor dem ersten Ironman. Eigene Vorstellungen davon, wie das Rennen laufen kann, wie es sich anfühlen wird, wie der Zieleinlauf wird und wie die Beine hinterher weh tun.

Nach fleissigem Training und detaillierter Planung mit dem Coach ging am Sonntag morgen das Abenteuer Ironman Südafrika – mein erster – pünktlich um 6:40 los. Das Vertrauen war groß, das Training lief relativ gut und die Angst war der Begeisterung gewichen.

Hier ist wie das Rennen in meinem Kopf hätte laufen sollen: Morgens 6:40 – mit dem Bewustsein nicht der stärkste Schwimmer zu sein, stelle ich mich leicht seitlich beim Schwimmen in den hinteren Gefilden an. Sicheres Schwimmen war das Motto, beim Radfahren und Laufen kann ich dann wieder aufholen. Das Meer ist wie gewohnt in Südafrika ruhig und die Orientierung einfach. Schliesslich haben wir den für Port Elizabeth normalen Westwind. Ca. 7:50-8:00 – ich steige ohne Probleme aus dem Wasser, die Wechselzone wird durchflogen und zum ersten mal in 5 Rennen verhaue ich nichts beim Wechsel sondern es läuft einfach mal. Schliesslich habe ich mir vorher genau die Wege, den Ablauf, etc angeschaut. Rad Kilometer 45 – jetzt wird es nett. Die meisten Hügel der ersten Runde sind geschafft und ich bin voll motiviert, da ich als Bleiente im Wasser natürlichweise auf dem Rad aufholen konnte. Außerdem weht ja der nette Westwind, der mich konsequent die nächsten 45 Kilometer ins Richtung zweiter Runde blasen wird. Rad Kilometer 135 – die Motivation ist riesig. Ich habe mein erstes ‘Loch’ in den Hügeln der zweiten Runde überstanden, die Beine fühlen sich wieder gut an, ich überhole weiter fleissig und ich weiss: Westwind. Die letzten 45 Kilometer weht er wieder direkt von hinten. Das treibt die Motivation in den Himmel mit dem Gefühl des Fliegens in Richtung Wechselzone zu kommen. Wechselzone 2 – wieder ein super Wechsel und die Beine wollen unbedingt direkt einen 4:30 Schnitt anschlagen. Sie sind ja frisch nach so viel Rückenwind und ich muss mich zwingen langsamer zu laufen, da der Tag beim Laufen lang ist. Ich weiss aber auch: Das Training war gut und ich kann das. 4:50 anfangen und dann in einen 5er Rhythmus wechseln. Laufen Kilometer 21 – so langsam nerve ich mich selbst. Diese ständigen Selbstgespräche und die unterschiedlichen Stimmen im Hirn. Ich lerne wie nervig ich sein kann, aber das Engelchen auf der linken Schulter gewinnt und die Beine laufen weiter. Laufen Kilometer 25 – die Energie kommt wieder, das Tempo ist ein wenig langsamer, aber das Ziel kommt immer näher. Ich weiss, das wird heute was. Laufen Kilometer 38 – das Hirn dreht durch, das Ziel ist in ‘Schussweite’, jetzt nochmal alles geben und dann geniessen. Zieleinlauf – es gibt kein halten mehr. Auf das Ding habe ich so hart trainiert und vor allem so lange gewartet, nachdem es hiess: Herr Schenk: Für sie wohl eher keinen richtigen Ausdauersport mehr. 4.5 Jahre später und ich habe das Gegenteil bewiesen. Da darf man auch mal heulen. Die Tage nach dem Rennen: Der Körper ist alle, ich will mich nicht mehr bewegen und die Zufriedenheit ist riesig bei jedem Schmerzenden Schritt. Core und insbesondere Beine sind müde und ich schlafe den ganzen Tag nur.

Hier ist, wie die Realität aussieht: 6:40 – ich weiss mein Schwimmen ist besser geworden. Ich stehe mitten im Pack im vorderen Drittel und denke nur. Heute teile ich im Zweifel mal selber aus im Wasser. Leider gibt es heute keinen Westwind sondern Ostwind und das heisst: Wellengang beim Schwimmen und die Vorfreude auf einen bitteren Kampf auf dem Rad. Rein ins Getümmel und erstmal ordentlich Salzwasser schlucken und dann dauert es auch nicht lange, dass es das erste mal so richtig im Gebälk kesselt und ich kurz überlege, wie ich wohl Einäugig aussehe. Egal, war ha so ausgesucht und es standen noch 3.6 Kilometer an. Kein Problem, das Schwimmen im Pool war gut und die Orientierung durchgeplant. Ach warte mal: Mach mal nen Haken an orientieren, wenn da immer Wellen im Weg sind. Ca 4.2 Kilometer später hat das leiden ein Ende und ich habe Ecken des Indischen Ozeans gesehen, die vom Rennveranstalter so nicht eingeplant waren.

7:57 – die Wechselzone läuft tatsächlich Reibungslos und die Motivation fürs Rad ist groß. Vielleicht etwas zu groß. Rad Kilometer 45 – der Westwind ist ein Ostwind und anstatt 45 Kilometer Rückenwind entlang der Küste kommt die olle Socke immer schön von Vorne. Ich fühle mich, als würde ich versuchen mit dem Triathlonrad durch Treibsand zu fahren. Rad Kilometer 135 – ich bin die letzten Kilometer mit etwas weniger Druck gefahren, schliesslich soll in den Beinen noch etwas für die Laufkilometer drin bleiben. Wird aber leider nichts. Der Gegenwind auf den letzten 45 Kilometer hat jetzt noch mal richtig Gas gegeben. Schön mit 35km/h frontal von vorne. Eigentlich will ich mich gerade nur hassen, habe aber keine Kraft dafür. Ca 140 Kilometer der neuen Radstrecke erinnern an die Panzerplatten-Strassen im ehemeligen Ostdeutschland. Der ganze Körper schmerzt, da es ununterbrochen rüttelt und die Strasse einen Schlag nach dem anderen austeilt.

Wechselzone 2 – hier läuft es wieder reibungslos. Konservative beim Laufen angehen, geht mir durch den Kopf. Laufen Kilometer 21 – bis hierhin habe ich mich schleppen können und die Selbstgespräche nerven tatsächlich. Die Knochen knacken, aber es gibt nur einen Gedanken: Nicht gehen. Immer laufen. 500 Meter später ist mit dem Gedanken schluss. Es wird schwarz vor Augen und ich setzte mich besser mal hin. Auch zwei weitere Laufversuche taugen nichts und spatziere mal entspannte 7km. Könnte kotzen, aber das würde jetzt gerade auch nicht helfen. Also lasse ich das mal. Laufen Kilometer 26 – die Sonne wird endlich schwächer und mit dem ersten Schatten kommt die Energie wieder. Lockers Laufen funktioniert. Laufen Kilometer 35 – viele Selbstgespräche später ist das Schwindelgefühl wieder da. Jetzt riskiere ich nichts mehr. 11, 12 oder 13 Stunden. Völlig egal, aber Umkippen ist keine Option. Laufkilometer 37 – ach mein Körper kann mich mal. Ich will im Tageslicht ins Ziel, aber viel Zeit ist lieber nicht mehr. Also dann halt doch umfallen riskieren. Die letzten Kilometer werden gelaufen und dann auch richtig. Wichtig ist die richtige Form. Wie einmal jemand zu mir sagte: Wenn Du was nicht kannst, dann versuch wenigsten dabei gut auszusehen. Zieleinlauf – ja wo sind sie denn die Emotionen. Ich brülle einmal lauf, aber mehr weil man das hier anscheinend irgendwie so macht. Gefühlt von innen ist nichts. Mehr ein. ‘’Ok, nu ist vorbei. Gibt es hier irgendwo etwas zu essen?’’ Die Tage nach dem Rennen – es sind nicht die Beine, Core oder ähnliches was weh tut. Das Gesicht ist aufgequollen. Egal wie viel ich trinke, es bleibt das Gefühl dehydriert zu sein, der ganze Mundraum schmerz und schwillt bei jedem Essen an und die Zähne sind empfindlich vom ganzen Zucker. Das hat einem vorher keiner erzählt. Erinnert mich ein bisschen wie an das was Frauen über Kinder kriegen sagen. Alle sagen das es eine tolle Sache ist und keiner erzählt was danach erstmal alles sch… ist. Zum ersten mal im Leben denke ich: Ich weiss wirklich nicht, ob ich das jemals wieder brauche. Ein Gedanke, der genau eine Nacht hält. Am nächsten morgen wird geschaut: Welche Langdistanz passt als nächstes rein und ich weiss: ‘’Verdammt. Ich bin ein Süchtiger. Was bin ich froh, dass es nicht Pillen oder Alkohol sind’’

Till Schenk

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