177km per Pedes durch die Bretagne. Gabe Célette schaffte das in 26:15h, wurde damit 6te Frau in der Gesamtwertung und gewann ihre Altersklasse. Wie sie zu dem Rennen kam und was sie dort erlebte erfahrt ihr hier in ihrem Rennbericht.
Eines der Highlights in diesem Jahr. Ich hatte gerade den Challenge Wanaka 2014 erfolgreich beendet, als mich eine Mail meines Freundes Gerd mit einem Link zu einem Trail in der Bretagne erreichte. Nachdem ich ihn mir angesehen hatte kam ich zu dem Schluss, dass dies nur ein Scherz meines Laufpartners sein könnte, denn ich wollte weder 177 km (Grand Raid) noch 87 km (Raid) laufen und für 56 km (Trail) wollte ich nicht in die Bretagne fahren. Der Aufwand wäre wohl doch zu groß. Also löschte ich mal die Mail. Eine Woche später erhielt ich eine weitere Mail mit der Frage, ob wir wohl da starten wollen. Ich dachte immer noch, es sei ein Scherz. Doch wieder zurück in Deutschland wurde die Sache ernst. Mit dem Argument, das könne eine gute Probe für den MDS 2015 in Marokko sein, ließ ich mich überreden. Und so meldeten wir uns an, wenn schon denn schon auch gleich für die 177 km. Zuerst sah ich das alles ganz locker, aber je näher der Termin kam, desto mehr machte ich mir Gedanken, wie ich das wohl schaffen sollte. Meine Erfahrung auf diesem Gebiet war so gut wie null. Als Einstimmung diente uns der Hartfüßlertrail – 58 km mit 1650 Hm – im Mai bei uns im Saarland, der auch ganz gut verlief.
Nun habe ich ja die beste aller Trainerinnen, Susa, die es auch dieses Mal erfolgreich hinbekommen hat, mich gut darauf vorzubereiten. Für viele lange Läufe gab es neben Radfahren und Schwimmen nicht viel Zeit, aber es hat gereicht.
Der Start in Vannes war am Freitag 27. Juni um 17:00 Uhr und wir hatten 42 Stunden Zeit – Zielschluss war am Sonntag 29. Juni 11:00 Uhr- , hofften allerdings, dass wir nicht das Zeitbudget voll ausnutzen müssten. Wie bei diese Läufen üblich bzw. Pflicht waren alle mit mehr oder weniger großen Rucksäcken + Pflichtinhalt unterwegs.
Das Wetter und die Stimmung der Teilnehmer war super und nach einer kleinen Zusatzrunde durch die Altstadt ging es dann am Hafen entlang hinaus, um diesen wunderschönen Golf von Morbihan gegen den Uhrzeigersinn zu umlaufen. Immer Susas Ratschlag im Kopf, Anstiege gehen, denn sie kosten Kraft, musste ich Gerd zu Anfang auch öfter mal zurück pfeifen. So liefen wir in Gesellschaft von den über 800 anderen Teilnehmern bei den 177 km in gemütlichem Tempo auf guten Wegen, mal Straße, mal im Sand oder an Mauern am Meer entlang, mal auf schmalen Pfaden, aber irgendwie oft rauf und runter. Man hatte das Gefühl die gesamten 1050 Höhenmeter sind alle gleich zu Beginn. (Was auch fast richtig ist, denn mehr als die Hälfte der Höhenmeter sind auf der ersten Hälfte des Trails. Aber das Gefühl täuscht ja auch mal). Die erste Verpflegungsstation/ Kontrolle bei km 18 haben wir nach kurzem Aufenthalt hinter uns gelassen. Doch bald kam das große Staunen: war der Weg doch vom Meer versperrt! So hieß es : Schuhe aus, Kompressionsstrümpfe aus und eine Weile durchs Kniehohe Wasser waten, dann wieder raus aus dem Wasser, auf die Mauer setzen, Füße so gut es geht trocken machen und Stümpfe und Schuhe wieder anziehen. Das ging alles besser als ich befürchtet hatte.
Nach weiteren 19 km (gesamt 37,3) kam die zweite Versorgungsstelle, diesmal warmes Essen. Während ich uns das Essen organisiert habe, war Gerd damit beschäftigt, Maltodextrin aus der Tüte in die kleine Öffnung seiner Flasche zu bekommen (das ist auf jeden Fall verbesserungsbedürftig!) Nach der Stärkung musste ich dann feststellen, dass der Bauchgurt meines Rucksackes verschwunden war. Wie das passiert ist, ist mir unerklärlich, war doch die zweite Schnalle fest zu. Ich vermute, irgendjemand konnte sie gebrauchen. Gott sei Dank konnten wir mit Gerds Startnummernband improvisieren, sonst hätte ich recht alt ausgesehen.
Und so ging es dann weiter. Bis zur nächsten Versorgung/Kontrolle nach weiteren 19 km war es inzwischen dunkel geworden und unsere Stirnlampe kam zum Einsatz. Wir liefen jetzt auch viel im Wald, über Wurzeln und Steine. Da die Beine nun schon etwas müde waren, blieb es nicht aus, dass man sich den Fuß ab und zu stieß. Gerd lag dann plötzlich auch der Länge nach auf dem Boden (mir ist das später in der Nacht auch passiert). Irgendwann wurde es ihm zu viel und er meinte, er ginge jetzt erst einmal und ich solle allein weiterlaufen. Das fand ich gar nicht witzig, wollten wir doch – wenn möglich – zusammen laufen. Auf sein Drängen hin gab ich nach und machte mich allein auf den Weg. Es waren doch einige Läufer in der Nähe, so war ich nicht allein.
Nach einer weiteren Versorgung/ Kontrolle kamen wir bei km 88,6 an der Bootsanlegestelle an. Inzwischen war es fast 5 Uhr morgens. Jeweils 7-9 Läufer hatten auf einem Boot Platz. Dieses beförderte uns auf die andere Seite des Golfs (diese Zeit wird aus der Endzeit herausgerechnet). Um 5:20 ging ich mit den anderen Mitfahrern wieder an Land. Die Überfahrt hatte ich für ein Nickerchen genutzt, aber ich war trotzdem Hundemüde und es waren noch 6 km bis zur nächsten Versorgung.
Dort habe ich erst einmal auf eines der Feldbetten gelegt, mir die Decke über den Kopf gezogen und versucht zu schlafen. Ein paar Mal bin ich auch kurz eingedöst, aber in der 1 ¼ Stunde, die ich da lag, habe ich mich schon etwas erholt. Nach dem Frühstück, kurz bevor ich mich wieder auf den Weg machen wollte, traf ich Gerd. Er hatte nur geduscht und wirkte recht frisch.
Nun ging es wieder zusammen weiter. Die Wetterprognose hielt was sie versrochen hatte, es fing an zu nieseln und ging dann im Laufe des Morgens in Regen über. Die folgenden 11,5 km bis zur nächsten Station haben wir mit drei Anderen noch etwas verlängert, da wir eine Markierung übersehen hatte. Hier teilte mir Gerd dann abermals mit, dass ich allein weiter müsse, da er erst einmal geht. Wir sollten uns dann im Ziel um 24 Uhr wiedersehen. Das Wetter hatte sich bis dahin auch wieder gebessert.
Wie schon gesagt, die zweite Hälfte war flacher, die kleinen Anstiege und die Treppenstufen, von denen es an den Mauern am Meer viele gab, bin ich weiterhin gegangen. Inzwischen überholten uns schon die schnellen Läufer der 87 km, die am Morgen in Arzon gestartet waren. Später sollten es auch diejenigen der 56 km sein, die schnellen Schrittes an uns vorbei liefen.
Obwohl ich nun schon mehr als 130 km in den Beinen hatte, ging es irgendwie noch. Laut Susas Worten (und denen meiner Tochter Christine) ist es dann nur noch eine Kopfsache.
Und das habe ich mir immer wieder gesagt: Du brauchst nicht zu gehen, du kannst laufen, es ist nur eine Kopfsache. Und das ist es letztendlich dann auch. Wenn das Tempo auch so eher dem Trabpausentempo entsprach, so habe ich auf dem letzten 22 km Abschnitt noch 17 Männer überholt, die waren alle gehenderweise unterwegs.
Mit viel Glück haben mein Mann Jean-Claude und Gerds Familie mich aus dem Auto heraus ca. 8 km vor Ende gesehen. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit mir gerechnet. Und so waren sie beim Zieleinlauf um 19:40 Uhr da. Das war sehr schön!
Meine Zeit: 26:15 Stunden, 1. Platz AK VF2, 6. Platz Frauen gesamt, 163. Overall
Gerd hat unser Ziel erreicht, er ist vor 24 Uhr angekommen.
Fast 300 Teilnehmer haben aufgegeben.
Mein Fazit: Tolle Sache, klasse Veranstaltung, nette Leute, viele Zuschauer. Wer mal einen Ultra Trail laufen möchte, sollte das in der Bretagne unbedingt tun!
Gabriele Célette